Berge und Gipfel der Alpen
Erdgeschichte |
Das Holozän
ist
die jüngste geologische Epoche in der Periode
Neogen
und
gleichzeitig
auch die jüngste Epoche in der Erdgeschichte und die
Gegenwart ist Teil dieses Zeitabschnitts. Die Bezeichnung
Holozän stammt
aus dem Griechischen und bedeutet sinngemäß "das völlig Neue". Der Begriff
wurde um 1867 durch den französischen Zoologen
Paul Gervais geprägt.
Das
Holozän wird in der Paläoklimatologie auch als
Neo-Warmzeit
oder
Flandrische Warmzeit benannt. In der globalen Stratigraphie,
die auf der Sauerstoff-Isotopenkurve beruht, entspricht das
Holozän der
Stufe 1. Durch Zählung der Schichten in grönländischen Eisbohrkernen und
jahreszeitlich geschichteten Seesedimenten (z.B. Maare der Eifel) konnte
ein Alter von 11.784 Jahren (bezogen auf das Jahr 2000 mit einer
Genauigkeit von 69 Jahren) ermittelt werden. Die Bezeichnung des
Holozäns
als eigene geologische Epoche wird derzeit von der Internationalen
Kommission für Stratigraphie diskutiert, da es sich im Vergleich zu
anderen Epochen um einen sehr kurzen Zeitabschnitt handelt, der nur die
letzte einer ganzen Reihe von Warmzeiten (Interglaziale) während des
gegenwärtigen Eiszeitalters darstellt.
Es begann 11.784 Jahren vor 2000 mit der endgültigen Erwärmung am Ende der
Epoche des Pleistozäns. Beide Epochen gehören zur Ära des
Neogen.
Unterteilung der Epoche Holozän:
1.
Altholozän |
ab 11.784
- Jahre vor 2000 |
2.
Mittelholozän |
ab 8.000
- Jahre vor 2000 |
3.
Jungholozän |
ab 3.000 Jahre vor 2000
bis heute |
Verlauf
Altholozän
Das Holozän beginnt übereinkunftsgemäß mit dem Zurückweichen des Eisrandes
aus Mittelschweden (9.610 v. Chr. nach heutiger Geochronologie) und der
Öffnung der so genannten Billinger Pforte, durch die das Wasser des
Baltischen Eissees ins Weltmeer abfließen konnte. Dadurch sank der
Wasserspiegel des Baltischen Eisstausees um 26 m auf Meeresspiegelniveau
und über die Billinger Pforte drang mit dem Meerwasser arktische Fauna
- wie die Muschel
Yoldia artica
(jetzt
Portlandia artica)
in das Ostsee-Becken ein, was ihm den
Namen
Yoldiameer einbrachte.
Die Veränderung des Klimas zog vielerorts eine Veränderung der Fauna nach
sich. So verschwanden in vielen Gegenden der Welt viele der großen
Säugetiere der Eiszeit. Dieses Ereignis, welches in einem sehr engen
Zeitraum von nur etwa 3.000 Jahren, vor rd. 13.000 bis 10.000 tropischen
Jahren (entspricht ca. 13.500 bis 11.500 Radiocarbonjahren) stattfand,
wird Holozän-Massensterben genannt. Bis zu welchem Ausmaß der Mensch bzw.
deren Einwirken auf das Ökosystem Ursache für das abrupte auftretende
Massensterben war, ist bis zum heutigen Tag Gegenstand hitziger
wissenschaftlicher Debatten. Neue Radiokarbon-Daten zeigen jedoch, dass
bestimmte Säugetierspezies wie z.B. Bison (Bison priscus, welcher
zu Bison bison weiterentwickelte), Wapiti
(Cervus
canadensis)
und, zu einem geringen Ausmaß, Elch (Alces alces), vor und während
menschlicher Kolonisierung in ihrem Bestand zunahmen, obwohl diese vom
Menschen erfolgreich bejagt wurden. Andere Spezies wiederum wie Pferd
(Equus ferus)
und Mammut
(Mammuthus primigenius)
starben
regional oder überwiegend aus, obwohl z.B. die nordamerikanischen Pferde
nicht vom Menschen bejagt wurden bzw. diese schon vor Auftreten des
Menschen in ihrem Bestand rückläufig waren. Diese Erkenntnisse legen die
Schlussfolgerung nahe, dass die radikalen Änderungen in der Fauna des
Holozäns nicht primär durch menschliches Einwirken verursacht wurden,
sondern vielmehr Folge eines massiven ökologischen Umbruchs aufgrund einer
zu dieser Zeit stattfindenden Klimaänderung waren. Am Übergang vom
Pleistozän
zum Holozän wurden die Sommer langsam wärmer und feuchter, so
dass die bisher Wässer-Limitierte Steppenvegetation sich allmählich aber
fundamental wandelte: das Weideland dehnte sich zunächst aus, später
entwickelte sich eine Tundra aus Hochstauden, Büschen und Wäldern, deren
Pflanzengemeinschaft sich in zunehmenden Maße aus für Pflanzenfresser
(Herbivoren)
ungenießbaren oder sogar giftigen Pflanzen, wie die
Zwergbirke (Bertula), zusammensetzte und so deren Bestand und
Verbreitung beeinflusste. Insgesamt änderten sich die Lebensbedingungen
der betroffenen Säugetiere so dramatisch, so dass rasche Anpassungen
erforderlich waren, die vermutlich nicht alle Spezies leisten konnten und
es so zu der beobachteten drastischen ökologischen Restrukturierung kam.
Es begann anschließend ein Umbruch in der
Ernährungsweise der Menschen,
zunächst in der Levante, später in China, Mittelamerika und anderen Teilen
der Welt. Die Jäger und Sammler begannen Getreide und andere Pflanzen
anzubauen sowie Ziegen, Schafe und andere Tiere zu domestizieren. Diese
Neolithische Revolution verbreitete sich nach und nach auch in Richtung
Europa.
Mit der Erwärmung einher ging ein Abschmelzen der Eismassen. Nachdem
bereits am Ende des Eiszeitalters das Inlandeis im norddeutsch-polnischen
Tiefland und der südlichen Ostsee abgeschmolzen war, teilte sich um 6.800
v. Chr. das Eis in Skandinavien, bis es am Ende des
Altholozäns um 6.000
v. Chr. schließlich ganz verschwand. Die von dieser Last befreite
Erdkruste begann sich seit etwa 7.700 v. Chr. bis heute um etwa 300 m zu
heben. Noch heute hebt sich das Land in Skandinavien bis zu 1 cm pro Jahr.
Mittelholozän
Das von den abtauenden Gletschern freigesetzte Wasser sammelte sich
zum Teil in verschiedenen Senken und ließ so zahlreiche große Seen
entstehen, wie den Ladogasee in Nordeuropa oder den Agassizsee in
Nordamerika; auch Ostsee
(Ancylussee)
und Schwarzes Meer
(Euxinossee)
waren zunächst Eisstauseen. Ein anderer Teil des Wassers floss in die
Ozeane und ließ so den Meeressspiegel um über 120 m (im Vergleich zur
Eiszeit) ansteigen. Damit ging zum einen eine Überflutung weiter
Küstenräume einher, die sich phasenhaft vollzog und letztlich die heutigen
Küstenlinien ausbildete (Flandrische Transgression, Dünkirchener
Transgression). Zum anderen wurden einige Eisstauseen vom Meerwasser
überspült und so selbst zu Nebenmeeren, so etwa die Hudson Bay (zwischen
6.000 und 5.500 v. Chr.). Um 5.000 v. Chr. (womöglich auch früher) wurden
die Dänischen und Britischen Inseln vom europäischen Festland getrennt;
ein Vorgang, der durch eine lange Serie von verheerenden Sturmfluten
vonstatten ging und in dessen Folge auch die Ostsee zu einem Nebenmeer des
Atlantiks wurde. Die Überflutung des Schwarzen Meeres um 6.700 v. Chr.
lief ähnlich dramatisch ab und führte womöglich zur Entstehung der
Sintflut-Legende bei den vorderasiatischen Völkern (Utnapischtim, Noach,
Deukalion).
Durch das Wärmer werdende Klima wich in Mitteleuropa (aber auch in
Nordamerika) die Tundrenvegetation der Eiszeit zunehmend einer Bewaldung,
zunächst durch Birken und Kiefern, später auch Eichen, Buchen, Erlen und
anderen. Die Tundra breitete sich dementsprechend nach Norden in bis dahin
unwirtliche Gebiete von polarer Kältewüste aus.
Die Zeit vom 6. bis ins 2. Jahrtausend v. Chr. stellt das
Optimum des
Holozäns dar und wird daher als
Altithermum bezeichnet.
Unterbrochen wird dieses Hauptoptimum allerdings durch eine gut anderthalb
Jahrtausende andauernde Kälteperiode (4.100 bis 2.500 v. Chr.), weshalb
gelegentlich in Hauptoptimum 1 (5.500 bis 4.100 v. Chr.) und Hauptoptimum
2 (2.500 bis 1.800 v. Chr.) geteilt wird. Während des Optimums lag die
Jahresdurchschnittstemperatur etwa um 2 bis 3 °C höher als heute,
dementsprechend war bspw. auch die Baumgrenze in den Alpen um 200 bis 300
m höher. In Sibirien und Nordamerika lag die Baumgrenze bis zu 300 km
weiter nördlich als heute.
Der bemerkenswerte Unterschied des Altithermums im Vergleich zu heute war
ein deutlich feuchteres Klima in den Wüstengebieten. Es gibt Anzeichen für
ganzjährliche Flüsse in der Sahara und anderen heutigen Wüsten. Der
Tschadsee hatte zu dieser Zeit etwa die Ausdehnung des Kaspischen Meeres.
Wie etliche Felszeichnungen aus der Sahara zeige, gab es zahlreiche
Großtiere wie Giraffen, Elefanten, Nashörner und sogar Flusspferde.
Siedlung und Viehhaltung war den Menschen damals in diesen Gebieten
möglich. Gleiches wurde in der Thar (Pakistan) ermöglicht, wo der Indische
Sommermonsun deutlich stärker ausgeprägt war als heute.
Während des Klimapessimums von 4.100 bis 2.500 v. Chr., das deutlich
niedrigere Temperaturen als das Hauptoptimum 1 aufwies, kam es zu einem
abrupten Rückzug der Savannenvegetation. 3.200 bis 3.000 v. Chr. wurde das
Klima in den Wüstengebieten deutlich trockener, es begann die
Desertifikation der Sahara. Die Bewohner der Sahara und anderer werdender
Wüstengebiete mussten ihre Lebensräume verlassen und sammelten sich in den
Flusstälern des Nil, Niger, Huang-Ho und Indus sowie in Mesopotamien am
Euphrat und Tigris. In den meisten dieser Gebiete blühten durch die
Notwendigkeit einer staatlichen Organisation sowie des Überangebot an
Sklaven erste Hochkulturen auf.
Jungholozän
Gegen Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. kommt es zu einer weltweiten
Dürreperiode, die mehrere Jahrhunderte andauerte. In Ägypten brach durch
das Ausbleiben des Nilhochwassers das Alte Reich zusammen, es folgte die
Erste Zwischenzeit. Die von der Trockenheit aus ihrer Heimat vertriebenen
Amurriter wanderten in Mesopotamien ein und zerstörten dort das Akkadische
Reich. Im Industal führte ein Abschwächen des Monsuns um bis zu 70% zur
Bildung der Wüste Thar und zum Untergang der Harappa-Kultur.
Ab etwa 1.200 v. Chr. setzte eine ausgeprägte Kaltepoche, das so genannte
Klimapessimum der Bronzezeit ein. Die Jahresmitteltemperatur war um 1-2 °C
kälter als heute, womit diese Periode die kälteste seit Ende der
Weichsel-Eiszeit darstellt. Sie hielt bis etwa Mitte des 1. Jahrtausends
v. Chr. an und ging dann in ein neues Klimaoptimum, das so genannte
Optimum der Römerzeit über. Die Jahresmitteltemperatur lag um etwa 1-1,5°C
höher als heute. In dieser Zeit gelang zum einen dem karthagischen
Feldherrn Hannibal die Überquerung der Alpen mit Elefanten (217 v. Chr.),
zum anderen den Römern der Anbau von Wein auf den Britischen Inseln.
Auffallend ist nun erneut ein Zusammenhang zwischen einer erneuten
Klimaverschlechterung und einer Phase des Umbruchs bzw. des Niedergangs
des Römischen Reichs. So beginnt die Epoche der Völkerwanderung mit dem
Vorstoß der Hunnen, der wiederum durch eine Trockenperiode in deren
zentralasiatischer Heimat ausgelöst wurde. In Nord- und Nordwesteuropa
kommt es aufgrund von Ernteausfällen zu massiven Versorgungsproblemen.
Eine Dürreperiode in Zentralasien im 4. Jahrhundert bringt schließlich den
Handel auf der Seidenstraße zum Erliegen.
Im 8. und 9. Jahrhundert kam es wieder zu einer Erwärmung, dem so
genannten Mittelalterlichen Klimaoptimum. Um das Jahr 1.000 liegen
die Temperaturen um etwa 1 °C höher als heute. Weinanbau wurde bis
Südschottland möglich. Die Wikinger begannen mit der Besiedlung Islands
und Grönlands, das damals zu Recht den Namen "grünes Land" trug.
Gleichzeitig kam es in Europa gehäuft zu katastrophalen Sturmfluten, so
etwa 1099 und 1212 in England und den heutigen Niederlanden. 1362 erfolgte
die Abtrennung der friesischen Inseln vom norddeutschen Festland,
ebenfalls durch eine Sturmflut.
Ab Mitte des 14. Jahrhunderts setzte eine "Klimawende" ein, die
insbesondere zwischen 1550 und 1850 ihren Höhepunkt fand. Dieses
Neuzeitliche Klimapessimum wird in der Regel als "kleine Eiszeit"
bezeichnet. In nasskalten Sommern reifte Getreide nicht mehr aus, häufig
traten nach Missernten Hungersnöte auf. Gleichzeitig kam es zu
verheerenden Seuchen (wie der Pest) und Kriegen (wie dem Dreißigjährigen
Krieg), die die Bevölkerung zusätzlich
belasteten. Die einsetzende Landflucht sowie die spätere Abwanderung
großer Bevölkerungsteile in die "Neue Welt" wurde so zum Teil auch durch
die Klimaverschlechterung verursacht. Dennoch ist anzumerken, dass sie
spätestens seit der Neuzeit keinen so drastischen Einfluss mehr auf die
Lebensweise hat, wie sie es in Antike und Vorzeit hatte.
Etwa ab 1850, spätestens 1900 begann ein erneutes Klimaoptimum. Es setze
ein Temperaturanstieg und ein Rückgang der Gletscher ein, wobei umstritten
ist, inwiefern er vom Menschen verursacht ist. Vom Meteorologen Paul J.
Crutzen wurde für diesen Zeitraum der Begriff "Anthropozän" geprägt.
Ebenfalls umstritten ist, wann auf das derzeitige Interglazial die nächste
Eiszeit folgen wird - und ob sie überhaupt kommt. Manche Forscher sind der
Ansicht, der Treibhauseffekt werde den seit vielen hunderttausend Jahren
stetig wiederkehrenden Zyklus von Eis- und Warmzeiten stören und dadurch
eine neue Eiszeit verhindern.
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